Was besagt die Richtlinie?

Die Richtlinie bringt gleich mehrere Änderungen der bestehenden Gesetzeslage mit sich. Wir zeigen Ihnen hier im Überblick die wichtigsten Veränderungen:

a) Neue Kategorie „Verbundene Reisleistungen“ (§ 651 x BGB-E / Art. 3 Nr. 5, Art. 19 Pauschalreise-RL)

Hinweis:

– Wer ist betroffen? Reisevermittler, also stationäre Reisebüros und OTAs, die nicht ohnehin als Veranstalter auftreten.

– Was ist zu tun? Besondere Informationspflichten beachten + Insolvenzabsicherung gewährleisten.

– Was passiert bei Verstoß? Vermittler gilt als Reiseveranstalter und haftet dementsprechend.

– Gefahrenpotential? Hoch!

Die Richtlinie führt eine neue Kategorie namens „Verbundene Reiseleistungen“ ein (die Regelung wird wohl in § 651 x BGB umgesetzt werden, vgl. S. 51 des Referentenentwurfs). Das ist keine neue Definition der Pauschalreise, sondern ein neues Konstrukt, das selbständig neben die Pauschalreise tritt.

Dem Europäischen Gesetzgeber geht es darum, eine Form der Reise zu erfassen, die zwar keine Pauschalreise im klassischen Sinne ist, es aber aufgrund einer speziellen Verbundenheit der Reiseleistungen gebietet, dem Reisevermittler gewisse Pflichten abzuverlangen.

Solche „Verbundene Reiseleistungen“ liegen vor, wenn der Reisende über einen Vermittler zwei verschiedene Leistungen für dieselbe Reise bucht, jedoch separate Verträge mit den jeweiligen Leistungsträgen entstehen.

Beispiel:
Reisender lässt sich im stationären Reisebüro einen Flug und einen Mietwagen vermitteln. Bezüglich des Fluges schließt der Reisende einen Vertrag mit der Fluggesellschaft; der Mietwagen-Vertrag kommt separat mit dem Mietwagenunternehmen zustande.

Außerdem muss eine gewisse zeitliche Verbindung zwischen den beiden Vertragsschlüssen bestehen:

  • Diese kann zum einen dadurch hergestellt werden, dass der Reisende beide Verträge anlässlich eines einzigen Besuchs oder einzigen Kontakts mit dem Vermittler schließt (Art. 3 Nr. 5 a Pauschalreise-RL)
Beispiel:
Vermittlung beider Verträge geschieht im Rahmen eines einzigen Besuchs des Reisenden im stationären Reisebüro oder auf der Buchungsplattform eines Online-Vermittlers.
  • Die Verbindung kann alternativ dadurch hergestellt werden, dass dem Reisenden nach der Vermittlung des ersten Vertrages innerhalb von 24 Stunden eine weitere Leistung eines anderen Trägers gezielt angedient wird und der Reisende daraufhin einen weiteren Vertrag mit dem anderen Träger schließt
Beispiel:
Reisender lässt sich über stationäres Reisebüro einen Flug vermitteln (Vertragsschluss mit der Fluggesellschaft). Innerhalb von 24 Stunden nach Vertragsschluss bietet das Reisebüro dem Reisenden einen Mietwagen an, der bei Ankunft am Zielflughafen bereitstehen soll. Reisender schließt darauf Mietwagenvertrag mit dem Mietwagenunternehmen.
Hinweis:
Bitte die Regelung Art. 3 Nr. 5 a Pauschalreise-RL nicht mit der click through-Regelung Art. 3 Nr. 2 lit. b Pauschalreise-RL verwechseln – die Erscheinungsformen sind ähnlich, aber der Gesetzgeber unterscheidet, vgl. S. 72 des Referentenentwurfs. Der Unterschied liegt darin, dass im Rahmen des Art. 3 Nr. 5 a Pauschalreise-RL (also bei verbundenen Reiseleistungen) keine Weitergabe von Daten an den anderen Unternehmer erfolgt.

Schließlich wird gem. § 651 x Abs. 1 S. 2 BGB-E Voraussetzung sein, dass die zweite bzw. die andere vermittelte Leistung einen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmacht. Hier greif Erwägungsgrund 18 der Richtlinie ein, der einen erheblichen Anteil bei 25 % oder mehr festsetzt.

Liegen „Verbundene Reiseleistungen“ vor, muss der Vermittler:

  • die Zahlungen des Reisenden vor Insolvenz schützen
  • die Rückbeförderungsmöglichkeit des Reisenden gewährleisten
  • spezielle Informationspflichten erfüllen (hierfür sieht die Richtlinie spezielle Informationsblätter vor)

Außerdem haftet der Vermittler nach Maßgabe von Art. 21 der Richtlinie für technische Buchungsfehler (§ 651 y BGB-E).

Verstößt der Vermittler gegen seine Pflichten, haftet er gem. Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie (§ 651 x Abs. 4 BGB-E) wie ein Veranstalter

Hinweis:
Hierin sehen wir eine große Gefahr! Machen Sie sich bewusst, dass ein Verstoß auch schon dann vorliegt, wenn bspw. das falsche Informationsblatt ausgehändigt wurde. Das Fachmagazin fvw weist in seiner Juli-Ausgabe 2016 zu Recht daraufhin, dass im Prinzip jeder Mitarbeiter, selbst die „kleinste Aushilfe“ im Vertrieb zu jeder Zeit genau wissen muss, welche Informationen zu erteilen sind (fvw 15/16, Juli 2016, S. 26).

b) Die click through-Regelung oder „Verbundene Online-Buchungsverfahren“ (§ 651 c BGB-E / Art. 3 Nr. 2 lit. b. v. Pauschalreise-RL)

Hinweis:

– Wer ist betroffen? Online-Reisevermittler, OTAs und anderen Reiseunternehmen, die online vertreiben, stationäre Reisebüros nicht betroffen

– Was ist zu tun? Pflichten eines Reiseveranstalters berücksichtigen

– Was passiert bei Verstoß? Gewährleistungspflicht eines Veranstalters

– Gefahrenpotential? für KMU ausgesprochen hoch; für größere Unternehmen eher gering

Eine bemerkenswerte Veränderung wird die sog. click through-Regelung bewirken. Sie besagt wörtlich:

„Pauschalreise“ [ist] eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wenn 


[…]

von einzelnen Unternehmern über verbundene Online-Buchungsverfahren erworben werden, bei denen der Name des Reisenden, Zahlungsdaten und die E-Mail-Adresse von dem Unternehmer, mit dem der erste Vertrag geschlossen wurde, an einen oder mehrere andere Unternehmer übermittelt werden und ein Vertrag mit Letztgenanntem/n spätestens 24 Stunden nach Bestätigung der Buchung der ersten Reiseleistung abgeschlossen wird.“

Der Referentenentwurf schlägt folgende Umsetzung in § 651 c BGB-E vor:

(1) Ein Unternehmer, der mittels eines Online-Buchungsverfahrens mit dem Reisenden einen Vertrag über eine Reiseleistung geschlossen hat oder ihm auf demselben Weg einen solchen Vertrag vermittelt hat, ist als Reiseveranstalter anzusehen, wenn

  • er dem Reisenden für den Zweck derselben Reise einen Vertrag über eine andere Reiseleistung vermittelt, indem er den Zugriff auf das Online- Buchungsverfahren eines anderen Unternehmers ermöglicht (Nr. 1),
  • er den Namen, die Zahlungsdaten und die E-Mail-Adresse des Reisenden an den anderen Unternehmer übermittelt (Nr. 2) und
  • der weitere Vertrag spätestens 24 Stunden nach der Bestätigung des Vertragsschlusses über die erste Reiseleistung geschlossen wird (Nr. 3).

(2) Kommen nach Absatz 1 ein Vertrag über eine andere Reiseleistung oder mehrere Verträge über mindestens eine andere Reiseleistung zustande, gelten vorbehaltlich des § 651a Absatz 4 die vom Reisenden geschlossenen Verträge zusammen als ein Pauschalreisevertrag im Sinne des § 651a Absatz 1.

Als Hauptanwendungsfall sieht der Gesetzgeber miteinander verlinkte Webseiten.

Beispiel:
Reisender bucht auf der Homepage des Unternehmens X einen Flug für 200,- €. Die Buchung wird von der Fluggesellschaft bestätigt. 12 Stunden später erhält der Reisende eine Email des Unternehmens X, nach der er Rabatte bei einem Mietwagenunternehmen erhalten kann. Der Reisende clickt auf einen Link in der Email und findet sich in einer Buchungsmaske des Mietwagenunternehmens Y wieder, in der alle seine Daten voreingetragen sind. Der Reisende bucht einen Mietwagen für 69,- €.

Zu beachten ist, dass entsprechend des 18. Erwägungsgrundes der Richtlinie die weitere, hinzugebuchte Leistung einen Anteil von mindestens 25 % des Gesamtwertes der Reise haben müssen, welcher sich aus der Kombination der Leistungen ergibt.

Hinweis:
In unserem Beispiel haben die Leistungen einen kombinierten Wert von 269,- €. Die Mietwagenbuchung mit einem Einzelwert von 69,- € macht einen Anteil von 25,65 % aus. Soweit auch die weiteren Voraussetzungen der Ziffern 1 – 3 des § 651 c Abs. 1 BGB-E vorliegen, gilt Unternehmen X als Reiseveranstalter gem. § 651 a BGB.

c) Veranstaltertätigkeit bei einzelnen Reiseleistungen (Erwägungsgrund 21 Pauschalreise-RL / § 651 u BGB-E)

Hinweis:

 Wer ist betroffen? Reiseveranstalter

– Was ist zu tun? Pflichten eines Reiseveranstalters berücksichtigen

– Was passiert bei Verstoß? Gewährleistungspflicht eines Veranstalters

– Gefahrenpotential? gering

In § 651 u BGB-E plant der Gesetzgeber die Umsetzung der bislang bereits bestehenden Rechtsprechung zu einzelnen Reiseleistungen. In den sog. „Ferienhaus“-Entscheidungen hatte der Bundesgerichtshof schon vor einiger Zeit geklärt, dass auch die Buchung von Einzelleistungen eines Veranstalters den Begriff des Reisevertrages ausfüllen können, wenn der Veranstalter die Leistung in eigener Verantwortung erbringt. Dieser Gedanke wird nun kodifiziert.

Das Gefahrenpotential dieser Regelung ist im Vergleich zu den übrigen Veränderungen aber sehr gering: Schafft es das Reiseunternehmen, sich weiterhin als Vermittler zu behaupten, wird keine Leistungserbringung in eigener Verantwortung vorliegen. Greifen bei einem Reiseunternehmen die Folgen aus einem Verstoß gegen die oben unter b) und c) beschriebenen Pflichten, haftet es ohnehin wie ein Veranstalter. Im Übrigen zielt die Regelung – auch wenn dies sprachlich aus ihr nicht hervorgeht – nur auf klassische Veranstalter ab (Referentenentwurf, S. 98). Ferner ist die Regelung so ausgestaltet, dass sie eigentlich nur bei einer Beherbergung greifen kann. Der Anwendungsbereich ist daher insgesamt eher gering.

d) Ausschlussfrist von einem Monat (§ 651 g Abs. 1 BGB aktuelle Fassung) fällt weg

Hinweis:

 Wer ist betroffen? Reiseveranstalter

– Was ist zu tun? längere Fristen für die Geltendmachung der Ansprüche einräumen

– Was passiert bei Verstoß? „verspätete“ Geltendmachung durch Reisenden ist dennoch wirksam

– Gefahrenpotential? gering

Aktuell sieht das Gesetz in § 651 g Abs. 1 S. 1 BGB vor, dass der Reisenden seine Mängelansprüche spätestens einen Monat nach vertraglich vorgesehener Beendigung der Reise beim Veranstalter angemeldet haben muss.

Nach Art. 13 Abs. 2 Pauschalreise-RL wird vom Reisenden nur verlangt, dass er etwaige Mängel unverzüglich anzeigt. Weitere Fristen oder Einschränkungen für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen sind nicht vorgesehen.

Da die Richtlinie Abweichungen ganz überwiegend nicht zulässt, was der Gesetzgeber in § 651 z BGB-E unterzubringen plant, kann auch keine individuelle oder AGB-mäßige Abweichung erfolgen. Insbesondere eine AGB-mäßig vereinbarte Frist für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen wäre gem. § 651 z BGB-E unwirksam.

Veranstalter werden also in Zukunft hinnehmen müssen, dass Reisende ihre Ansprüche erst nach Monaten oder gar Jahren geltend machen, soweit nicht bereits Verjährung eingetreten ist.

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