Im Verhältnis zum Reiseveranstalter fällt die Mitführung der für die Reise benötigten Ausweispapiere in die Risikosphäre der Reisenden ohne dass es darauf ankäme, aus welchen Gründen die Pässe der Reisenden nicht als ausreichend angesehen werden. In einem solchen Fall können Reisende ihren Reisevertrag nicht wegen höherer Gewalt kündigen. Dies entschied jüngst der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 16.05.2017 (Az.: X ZR 142/15).

Am Flughafen wegen ungeeigneter Ausweispapiere abgelehnt

Geklagt hatte eine Reisende gegen ihren Reiseveranstalter. Die Frau hatte für sich, ihren Ehemann und ihre Tochter eine Pauschalreise in die USA gebucht. Vor Antritt der Reise beantragte sie dafür bei ihrer Gemeinde neue Reisepässe. Diese Papiere wurden auch ausgestellt und ihr übergeben. Aufgrund eines Behördenfehlers wurden die Pässe jedoch als abhanden und damit ungültig erklärt. Folglich wurde der Klägerin und ihrer Tochter am Reisetag am Flughafen der Abflug in die USA verweigert. Ihr Reiseveranstalter erstatte deswegen zwar einen Teil des Reisepreises, weigerte sich allerdings zur vollständigen Rückzahlung. Daraufhin erhob die Frau Klage auf vollständige Erstattung, welche jedoch in den ersten beiden Instanzen erfolglos blieb (AG Nürnberg, Urteil vom 25.11.2014, Az.: 13 C 4487/14 & LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.11.2015, Az.: 5 S 9724/14). Daraufhin hatte nun der Bundesgerichtshof in der Revision über den Fall zu entscheiden.

Kündigung eines Reisevertrages

Rechtlich gesehen kommt zwischen einem Reisenden und seinem Reiseveranstalter ein Reisevertrag gemäß der §§ 615a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zustande. In einem solchen verpflichtet sich der Reiseveranstalter zur Erbringung einer Gesamtheit von Reiseleistungen, während der Reisende sich demgegenüber zur Zahlung des vereinbarten Reisepreises verpflichtet. Zum Schutz der Reisenden sehen die Vorschriften jedoch verschiedene Möglichkeiten für den Reisenden vor, sich von dem Reisevertrag zu lösen. Unter anderem bestimmt § 651j Abs.1 BGB:

„Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag […] kündigen.“

Wird der Reisevertrag dergestalt gekündigt, verliert der Reiseveranstalter grundsätzlich seinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreises und kann nur unter Umständen eine Entschädigung für bereits erbrachte Reiseleistungen verlangen. Unter dem Begriff der höheren Gewalt wird dabei ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis verstanden.

Im vorliegenden Fall war allerdings fraglich, ob die Nichtbeförderung der Kläger wegen der ungeeigneten Ausweispapiere einen solchen Fall höherer Gewalt darstellt.

BGH verneint Vorliegen höherer Gewalt

Die Richter des Bundesgerichtshofs entschieden sich – entgegen der klägerischen Ansicht – gegen das Vorliegen von höherer Gewalt. Sie führten dazu zunächst aus, bei dem Begriff der höheren Gewalt bringe das Erfordernis des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs zum Ausdruck, dass die Ursache nicht in der Risikosphäre des Reiseveranstalters liegen dürfe. Entsprechendes gelte im Umkehrschluss aber auch für die andere Vertragspartei, also den Reisenden. Höhere Gewalt liege deshalb ebenso wenig vor, wenn das Ereignis der Sphäre des Reisenden zuzurechnen sei.

Dies ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs jedoch bei Ausweispapieren der Fall. Im Verhältnis zum Reiseveranstalter falle die Mitführung der für die Reise geeigneten Ausweispapiere in die Risikosphäre des Reisenden ohne dass es darauf ankäme, aus welchen Gründen die Pässe der Reisenden als nicht ausreichend angesehen worden sind. Maßgeblich sei allein, dass keine allgemeine Beschränkung der Reisemöglichkeiten vorliege, die jeden anderen Reisenden ebenso getroffen hätte.

Im Ergebnis stand der Klägerin deshalb kein Kündigungsrecht wegen höherer Gewalt zu, sodass sie keinen Anspruch auf Erstattung des vollen Reisepreises hatte.

Haben Sie Fragen zu diesem Fall oder haben auch Sie negative Reiseerfahrungen gemacht? Unsere auf das Reiserecht spezialisierten Anwälte beraten Sie gerne jederzeit. Kontaktieren Sie uns!

 

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