Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 25.08.2015 (Az. 1 AZR 754/13, 875/13) entschieden, dass Auswirkungen von Streikmaßnahmen, die sich nur mittelbar auf ein Unternehmen auswirken, keine Schadensersatzansprüche begründen.

Dem Urteil liegen zwei Sachverhalte zu Grunde, die sich am Stuttgarter Flughafen ereignet haben. Am 06.04.2009 rief die Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF) die Fluglotsen des Stuttgarter Flughafens dazu auf, die Beschäftigten der Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale in ihren Streikzielen zu unterstützen und die Arbeit nieder zu legen.

Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich am 04.08.2011 und am 09.08.2011. An beiden Tagen kündigte die GdF einen Streik aller Fluglotsen am Stuttgarter Flughafen an. Sie wollten dadurch ihren Forderungen aus den Tarifverhandlungen mit dem Verkehrsflughafen Stuttgart (Flughafen Stuttgart GmbH) Nachdruck verleihen.

Gegen beide Vorkommnisse reichten mehrere Fluggesellschaften Klage beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein. Sie fordern von der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) Schadensersatz aufgrund von erheblichen Flugausfällen- , und verspätungen in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro, die durch die Streikmaßnahmen entstanden sind.

Zunächst forderten die Fluggesellschaften Schadensersatz aufgrund einer Eigentumsverletzung wegen erheblicher Nutzungsbeeinträchtigung der Flugzeuge (§ 823 Abs.1 BGB). Zudem machten sie Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (§ 823 Abs.1 BGB), wegen sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) und wegen Verletzung der Friedenspflicht geltend.

In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (16.08.2012, Az. 12 Ca 8341/11) wurde die Klage als unbegründet abgewiesen.

Auch die Berufung der Fluggesellschaften vor dem hessischen Landesarbeitsgerichts (27. Juni 2013, Az. 9 Sa 1387/12) hatte keinen Erfolg.

Trotz vorangegangenem negativem Ausgang in den ersten beiden Instanzen, reichte die Fluggesellschaft beim Bundesarbeitsgericht (BAG) Revision gegen das Urteil des LAG ein.

Zunächst verwies das BAG auf die ständige Rechtsprechung. Es sei unausweichlich, dass Dritte durch einen Streik beeinflusst und wohlmöglich geschädigt werden. Dies sei nun mal eine gewöhnliche Folge eines Streiks, die man hinnehmen müsse.

Die Fluggesellschaften hingegen beharrten weiterhin auf ihre Schadensersatzansprüche, auf die das BAG wie folgt einging:

Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Eigentums nach § 823 Abs.1 BGB sei deshalb schon nicht entstanden, da die Nutzungsbeeinträchtigung der Flugzeuge nicht erheblich war. Am 06.04.2009 hatte die Gewerkschaft zu einer Streikunterstützung von maximal sechs Stunden aufgerufen. Die geplanten Streikmaßnahmen am 04.08.2011 und 09.08.2011 wurden bereits am 03.08.2011 per einstweiliger Verfügung durch das Arbeitsgericht Frankfurt am Main untersagt, so dass es erst gar nicht zu einer Nutzungsbeeinträchtigung kommen konnte.

Gegen den Vorwurf der Verletzung am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb gem. § 823 Abs. 1 BGB als sonstiges Recht erwiderte das BAG, dass dazu die Voraussetzung der Betriebsbezogenheit gegeben sein müsse. Der Streik hätte sich also konkret auf die Fluggesellschaft beziehen müssen. Die Gewerkschaft bestreikte die Flughafen Stuttgart GmbH und nicht die Fluggesellschaften, so dass die Maßnahmen nicht betriebsbezogen erfolgten. Die Fluggesellschaften konterten mit dem Argument, dass die Streikmaßnahmen von Anfang an gegen sie gerichtet gewesen seien. Sie seien schließlich diejenigen, die die Gebührenausfälle zu tragen hätten und nicht die Flugsicherungsgesellschaft. Deshalb sei sehr wohl die Betriebsbezogenheit gegeben. Das BAG machte klar, dass es in diesem Fall nicht darauf ankäme, wer die Kosten trage, sondern darauf, wer offizieller Streikgegner sei und dies sei eindeutig die Flughafen Stuttgart GmbH.

Das Faktum, dass die Gewerkschaft bewusst eine Schädigung der Fluggesellschaften in Kauf genommen habe, sei nach Ansicht der Kläger ein eindeutiges Zeichen einer sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB. Auch hier betont das BAG, dass auch bei Bejahung einer bewussten Schädigung durch die Gewerkschaft keinesfalls die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Handlung vorlägen. Dies sei – wenn überhaupt – nur in Einzelfällen zu bejahen.

Zudem sei auch ein Schadensersatz aufgrund des Verstoßes gegen die Friedenspflicht abzulehnen. Die Friedenpflicht ist eine Pflicht, die zwischen den beiden Tarifparteien gilt, also zwischen der Gewerkschaft und der Flughafen Stuttgart GmbH. Die Fluggesellschaften können sich also nicht auf einen Verstoß dieser Pflicht berufen.

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