Der Kläger im folgenden Verfahren ist ein Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer. Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft. Die Parteien stritten über die Ausgestaltung der Internetseite der Beklagten.

Der Kläger mahne die Beklagte ab, da er die Auffassung vertritt, dass die Information über die anfallende Sitzplatzreservierungsgebühr bei der Buchung auf der Internetseite der Beklagten viel zu spät angezeigt wurde. Erst beim vierten Buchungsschritt wurde der Verbraucher darüber informiert, dass er im Falle einer Sitzplatzreservierung eine Gebühr in Höhe von 10 € zahlen müsse. Die Internetseite der Beklagten war so aufgebaut, dass der Verbraucher zunächst auf eine Eingangsseite geführt wurde, auf der er die Möglichkeit hatte einen gewünschten Flug und den gewünschten Zeitraum anzugeben. Nach der Angabe wurden dem Verbraucher in einem zweiten Schritt die Suchergebnisse angezeigt. Die Flüge wurden dort in einer Liste angezeigt und der Verbraucher hatte dann die Möglichkeit den Flug auszuwählen, für den er sich interessiert. Nach einem Klick auf den Button „weiter“ gelangte man dann zum dritten Schritt der Buchung, bei dem man eine Übersicht der Reisekosten erhielt. In dieser Übersicht wurden unter anderem der Gesamtpreis angegeben sowie die einzelnen Preisbestandteile. Nach der nächsten Weiterleitung kam man schließlich zum vierten Schritt, bei dem der Kunde seine Kontaktdaten in eine Maske eingeben musste. Dort wurde man dann darauf hingewiesen, dass eine Möglichkeit zur Sitzplatzreservierung zu einem Preis von 10 € besteht. Dieser Hinweis wurde von der Beklagten rot gekennzeichnet.

Der Kläger sah bei der oben beschriebenen Praxis insbesondere einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung über gemeinsame Vorschriften über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (VO EG 1008/2008). Diese Vorschrift besagt, dass fakultative Zusatzkosten auf eine klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs angezeigt werden müssen. Darüber hinaus sah der Kläger das Vorliegen weiterer wettbewerbsrechtlicher Verstöße. Bezogen auf diese Verstöße gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab und gestaltete ihre Internetseite derart neu, dass die Sitzplatzreservierungsgebühr bereits unterhalb der Suchmaske für Flüge in einer roten Schrift angezeigt wurde. Den Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung bezüglich der ursprünglichen Gestaltung der Internetseite lehnte die Beklagte jedoch ab.

Der Kläger vertrat die Ansicht, dass der Buchungsvorgang nicht erst bei der Angabe der Kontaktdaten beginne. Bei einer komplexen Buchung soll der Verbraucher bereits von vornherein einen Überblick über die später zu zahlenden Kosten bekommen. Dies soll verhindern, dass der Verbraucher erst am Ende der Buchung, nachdem er sich durch alle Schritte durchgeklickt hat, feststellt, dass der Endpreis seine Erwartungen übersteigt. Es sei zu beachten, dass am Ende des Buchvorganges eine gewisse Hemmschwelle auf Seiten des Verbrauchers bestehe, den Vorgang abzubrechen und einen Flug zu neuen Konditionen auszusuchen. Dies könne schnell dazu führen, dass der Verbraucher den Flug dennoch bucht, obwohl er grundsätzlich nicht mit den anfallenden Kosten einverstanden ist. Außerdem werde durch eine solche Vorgehensweise verhindert, dass der Verbraucher Preisvergleiche zu anderen Unternehmen anstellen könne. Im Gegensatz zu dieser Auffassung des Klägers, war die Beklagte überzeugt, dass der Buchungsvorgang erst mit der Eingabe der Kontaktdaten beginnt. Außerdem werde der Kunde bereits – bevor er auf den Button „weiter“ klickt – über die Gebühr informiert, da dies unterhalb der Maske, in die die persönlichen Kontaktdaten eingetragen werden müssen, in roter Schrift angegeben wurde. Man müsse lediglich die Seite runterscrollen, um diese Information zur Kenntnis zu nehmen. Diesen Umstand habe der Kläger bei seinem Vortrag außer Betracht gelassen.

Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage ab, da es sich dem Vortrag der Beklagten anschloss. Sein Begehren verfolgte der Kläger weiterhin mit der eingelegten Berufung vor dem Kammergericht Berlin.

Die Berufung erwies sich jedoch als unbegründet, da das Berufungsgericht keinen Unterlassungsanspruch des Klägers sah (KG Berlin, Urt. v. 07.10.2015, Az. 5 U 45/14). Das Gericht führte zunächst aus, dass es sich bei der Sitzplatzreservierungsgebühr auf jeden Fall um fakultative Kosten im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung handelte. Es seien keine obligatorischen Kosten, die der Verbraucher zwangsweise tragen müsse. Vielmehr sei die Buchung der Sitzplatzauswahl optional und nicht von Anfang an verbindlich. Der Verbraucher hatte bei dieser Option die freie Entscheidung darüber, ob er dieses Angebot als Zusatzleistung bucht oder nicht. Im Gegensatz zum Endpreis, der stets und vor allem so früh wie möglich angezeigt werden sollte, macht dies – entgegen dem Vortrag des Klägers – bei einer fakultativen Leistung wenig Sinn. Für einen Verbraucher, der auf eine Sitzplatzauswahl keinen Wert legt, sei eine Einrechnung der Sitzplatzreservierungsgebühr in den Endpreis irreführend. Es sei geboten die fakultative Leistung erst zeitlich später vom Endpreis anzubieten, um eben diese Irreführung zu vermeiden. Das Gericht trug außerdem vor, dass das zu frühe Anbieten der Zusatzleistungen den Eindruck erwecken könnte diese seien obligatorisch. Dieses Verhalten könnte viel eher dazu führen, dass der Verbraucher eine Leistung bucht, die er zuvor nicht zu buchen beabsichtigte. Das Berufungsgericht erklärte, dass es bei einer freiwilligen Zusatzleistung vielmehr erforderlich sei den Verbraucher unmittelbar vor der Entscheidung über diese Leistung über die Kosten zu informieren und nicht schon mehrere Schritte vorher. Die Revision schloss das Kammergericht Berlin aus, da es sich bei der Begründung der Klageabweisung auf höchstrichterliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichthofs berief.

Fakultative Zusatzkosten müssen demnach nicht am Anfang der Gesamtbuchung erfolgen, sondern unmittelbar vor der Buchung der Zusatzleistung selbst. Eine andere Vorgehensweise sei vielmehr dazu in der Lage den Verbraucher zu verwirren und zu einer Buchung von Leistungen zu manipulieren, die er ursprünglich nicht buchen wollte. Die Vorgehensweise der Fluggesellschaft war demnach laut dem Kammergericht Berlin rechtlich nicht zu beanstanden.

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